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Stadtarchiv in der Stadt Geesthacht

Archive in Schleswig-Holstein stehen jedermann offen. Zu wissenschaftlichen Zwecken, für heimatkundliche Fragestellungen, zur Erforschung der eigenen Familie oder zur Klärung von Rechtsfragen können Interessierte im jeweils zuständigen Archiv Archivgut auswerten. Archivgut können Akten sein, aber auch Karten, Urkunden, Fotos, Filme oder digitale Daten.

Zu nahezu allen Fragen der Regionalgeschichte bieten auch die Bestände des Geesthachter Stadtarchivs Auskunfts- und Informationsmöglichkeiten. Es ist das öffentliche Gedächtnis der Stadt und eine Erfahrungsschatzkammer für alle Fragen zur Ortsgeschichte.

Geschichte

Das Stadtarchiv Geesthacht wurde in den Jahren 1983 bis 1985 eingerichtet und umfasst die Verwaltungsüberlieferung der Stadt Geesthacht sowie der ehemals selbstständigen Gemeinden Besenhorst/Düneberg und Krümmel/Grünhof-Tesperhude. Ein erstes Archivmagazin wurde im Keller des alten Teils des Geesthachter Rathauses eingerichtet.

Bis auf einzelne Unterlagen setzt der Bestand erst im 20. Jahrhundert ein, denn der Schwerpunkt der erhaltenen Archivalien vom 15. bis zum 20. Jahrhundert befindet sich im Staatsarchiv Hamburg. Diese Bestände sind in einer Schriftenreihe des Stadtarchivs festgehalten. Zwischen Mai 1984 und April 1985 wurden die sogenannten Altakten der Stadt Geesthacht geordnet und archiviert. Mit dem Begriff Altakte wird dabei dasjenige Schriftgut bezeichnet, das vor 1950 entstanden ist. Um entsprechend dem Provenienzprinzip (archivisches Ordnungsprinzip als Grundlage für die Ordnung und Erschließung von Archivgut) die Akten in Bestände einteilen und die ursprüngliche Registraturordnung herstellen zu können, wurde zunächst festgestellt, welche Verwaltungen in Geesthacht tätig gewesen sind.

Dabei ergab sich folgende Übersicht der Verwaltungsschichte Geesthachts:          


  • 1420 - 1867
    Verwaltung des Amtes Bergedorf (Geesthacht gehörte dazu) durch die beiden Hansestädte Hamburg und Lübeck
  • 1867 - 1373             
    Bergedorf wird entsprechend der 1860 in Kraft getretenen Hamburgischen Staatsverfassung verwaltet
  • 1873 - 1924             
    Grundlage der Verwaltung ist in dieser Zeit die sogenannte Hamburger Landgemeindeordnung von 1871
  • 1924 - 1937             
    Maßgebend für die Verwaltung Geesthachts ist die Hamburgische Städte- und Landgemeindeordnung von 1924
  • 1937 - 1945             
    Auf der Grundlage des sogenannten Groß-Hamburg-Gesetzes vom 26. Januar 1937 wird Geesthacht Stadt des Kreises Herzogtum Lauenburg und gehört von nun an zu Preußen
  • 1945 - 1950             
    Die Bestimmungen der britischen Besatzungsmacht sind maßgebend für die Verwaltung
  • Ab 1950 bilden die Gemeinde-, Kreis- und Amtsordnung Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung

Entsprechend dieser Chronologie wurde das Aktenmaterial der Stadt Geesthacht in Bestände eingeteilt und bis heute erweitert.

Aufgrund der Einbindung in die städtische Kulturarbeit im GeesthachtMuseum besitzt das Stadtarchiv seit seiner Einrichtung auch eine umfangreiche zeitgeschichtliche Sammlung.

Dass die Bestände heute im Stadtarchiv Geesthacht so geordnet der Verwaltung und Öffentlichkeit zur Verfügung stehen - soweit die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind - verdanken wir der Gründung der Archivgemeinschaft der Städte Schwarzenbek, Geesthacht, Lauenburg/Elbe sowie der Gemeinde Wentorf bei Hamburg und dem Amt Büchen. Der Impuls zur Gründung kam von der Stadt Schwarzenbek, als es um die Frage ging, wie mit der Altregistratur einer Behörde verfahren und wie kosteneffizient gehandelt werden könnte. Hintergrund war der 1983 notwendig gewordene Umzug der Verwaltung in ein neues Rathausgebäude. Eine Lösung war die Verteilung der Lasten auf mehrere „Schultern“. Am 7. Januar 1985 unterschrieben die gesetzlichen Vertreter der Einrichtungen einen privatrechtlichen Vertrag zur Bildung einer Archivgemeinschaft.

Kern dieser Vereinbarung war die Bereitschaft aller Beteiligten, Archive als feste Verwaltungsstellen bei sich einzurichten. Wesentliche Bestandteile des Vertrages waren, dass der Zusammenschluss freiwillig und jederzeit kündbar sei und dass die Vertragspartner selbstständig über die Arbeiten in den eigenen Archiven vor Ort entscheiden. Bis zu seinem Ruhestand 2012 leitete Dr. William Boehart die Archivgemeinschaft. Geesthacht entschloss sich ab 2012 aus mehreren Gründen seine aktive Mitgliedschaft 2013 in eine passive umzuwandeln und die Archivleitung mit der Stelle der Museumsleitung zusammenzulegen. 2019 erfolgte der Austritt aus der Archivgemeinschaft. Somit arbeitet das Stadtarchiv seit 2020 eigenständig unter der Verantwortung eines städtischen Archivars. 

Aufgaben

Das Stadtarchiv Geesthacht archiviert Unterlagen, in erster Linie Schriftgut, aber auch andere Informationsträger wie Karteien, Dateien, Karten, Pläne, Bild-, Film-, Ton- und maschinenlesbare Datenträger. Der Zugang ist seit 1992 in Schleswig-Holstein gesetzlich gemäß des Landesarchivgesetzes geregelt. Danach müssen die Behörden und Gerichte des Landes alle bei ihnen entstandenen Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden, dem Landesarchiv angeboten werden. Die sogenannte „Kommunalklausel“ übertrug den Kreisen, Gemeinden, Ämtern und Zweckverbänden die Archivierung und Nutzbarmachung der bei ihnen entstandenen Unterlagen in eigener Verantwortung durchzuführen.

Für Geesthacht ist somit das Stadtarchiv zuständig. Dabei spielt das Medium keine Rolle, denn das Gesetz gilt für analoge ebenso wie für digitale Unterlagen. Die Stadtverwaltung Geesthachts umfasst knapp 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die statistisch zusammen mehrere hundert laufende Meter Unterlagen jährlich erstellen, die vom städtischen Archivar je nach den Aufbewahrungsfristen in den einzelnen Verwaltungsbereichen auf ihre Archivwürdigkeit zu bewerten sind. Nur die wirklich archivwürdigen Unterlagen werden davon dauerhaft aufbewahrt, das sind in der Regel nur drei bis fünf Prozent des entstandenen Schriftgutes. Und diese bilden die historische Basis für zukünftiges Handeln und Erinnern.

Das Geesthachter Stadtarchiv ist immer wieder durch Ausstellungen, Führungen, Vorträge und lokalgeschichtliche Veröffentlichungen im Bewusstsein der Bevölkerung präsent. Es unterstützt damit auch das historische Wahrnehmen und die Identität der Bevölkerung mit ihrer Stadt Geesthacht.

Bestände

  • Bestand I Gemeinde Geesthacht (bis 1924, 191 Verzeichnungseinheiten [VE - Einheit innerhalb eines Bestandes mit eindeutiger Kennzeichnung durch die nur einmal vorhandene Signatur und dazu gehörige Verzeichnungsangaben im Findmittel])
    (Protokoll der Gemeindeversammlung (ab 1874), Bau- und Grundstücksangelegenheiten, Finanzverwaltung, Verkehrswesen und Wirtschaftsförderung)

  • Bestand II Stadt Geesthacht (1924-1937, 797 VE)
    (Reichs- und Landesangelegenheiten, Stadtverwaltung, Bau- und Grundstücksangelegenheiten, Sport, Kultur, Schule, Finanz- und Verkehrswesen, Forst- und Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe)

  • Bestand III Stadt Geesthacht (1937-1945, 450 VE)
    (Allgemeine Verwaltung, Bau- und Grundstücksangelegenheiten, Sport, Kultur, Schule, Finanz- und Verkehrswesen, Forst- und Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe)

  • Bestand IV Stadt Geesthacht (1945-1950, 239 VE)
    (Protokolle der Nachkriegszeit, Bestandsverzeichnisse städtischer Einrichtungen, Bau- und Grundstücksangelegenheiten, Sport, Kultur, Schule, Finanz- und Verkehrswesen, Forst- und Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe)

  • Bestand V Gemeinde Besenhorst / Düneberg (bis 1937, 207 VE)
    (Protokollbücher (ab 1887), Wahlen, Bau- und Grundstückverwaltung, Schule, Bildung und Kirche sowie Finanzunterlagen)

  • Bestand VI Gemeinde Grünhof-Tesperhude
    (Protokollbücher (ab 1907), Bauanträge, Finanzwesen, Verkehrswesen, Schule, Kultur und Bildung)

  • Bestand VII Karten und Pläne
    (Über 100 historische Karten und Pläne der Bauverwaltung sowie Reproduktionen von Karten in anderen Archiven)

  • Bestand VIII Zeitgeschichtliche Sammlung (über 1500 VE)
    Aufgrund seiner Einbindung in die städtische Kulturarbeit zusammen mit dem GeesthachtMuseum! hat das Stadtarchiv seit seiner Einrichtung eine umfangreiche zeitgeschichtliche Sammlung.
    (Graue Literatur zur Ortsgeschichte, Unterlagen von Vereinen und Verbänden, Zeitungsausschnitte, Nachlassdokumente, Reproduktionen)

  • Bestand IX Stadt Geesthacht (1950-1975, 1439 VE)
    (Protokolle, Schul- und Kultur-, Bauverwaltung, Ordnungs- und Sozialamt, Finanzverwaltung)

    Für die folgenden Sammlungsbereiche sind noch keine archivischen Bestände eingerichtet:

  • Foto- und Filmarchiv
    (Die Fotosammlung umfasst über 5000 Aufnahmen, darunter zahlreiche Reproduktionen aus der Zeit vor 1950 sowie über 500 regionale Ansichtskarten. Der Bestand besteht zum größten Teil aus Aufnahmen bzw. Reproduktionen des Fotografen Werner Hinzmann sowie aus denen des Heimatbund und Geschichtsvereins Herzogtum Lauenburg, Bezirksgruppe Geesthacht. Die Sammlung umfasst außerdem eine große Zahl historischer Luftfotos. Hierzu gehören Filme (Normal und Super 8) über Geesthacht aus den 1960er und 70er Jahren.)

  • Handbibliothek
    (Die Handbibliothek enthält die wichtigsten Werke zur Regionalgeschichte und eine komplette Sammlung der Zeitschrift Lauenburgische Heimat.)

  • Weitere Überlieferungen
    (Grafiksammlung Griffelkunst, Plakatsammlung GeesthachtMuseum!, Sammlung des Heimatbundes und Geschichtsvereins Bezirksgruppe Geesthacht, verschiedene Nachlässe)

Findmittel

Das A(lpha) und O(mega) der Archivarbeit sind Findmittel, eine banale, aber wichtige Einsicht. Im Internetzeitalter kennen wir alle das Googeln. Wie „googelt“ man im Archiv? Mit den so genannten Findmitteln.

Als das Stadtarchiv Geesthacht in den 1980er Jahren eingerichtet wurde, steckte die EDV – zumindest in kommunalen Verwaltungen – in den Anfängen. So entstanden die ersten Findmittel nach herkömmlicher Art: Archivalien wurden auf Karteikarten aufgenommen – Signatur, Titel, Laufzeit, Umfang und Besonderheiten. Bestände wurden gebildet und Gliederungen festgelegt. So entstand das erste Findbuch des Stadtarchivs Geesthacht (der Schlüssel zum Archiv), das bei der Archiveröffnung 1985 vorgestellt wurde.

Als Findbuch oder Repertorium bezeichnet man im Archivwesen ein handschriftliches auch maschinengeschriebenes oder digitalisiertes Verzeichnis der Archivalien eines Archivs. Findbücher sind gleich aufgebaut: Jedes Findbuch hat einen Namen, eine eigene Signatur und eine sogenannte Laufzeit. Zunächst gibt es ein Vorwort, in dem nähere Informationen zur Geschichte des Bestandes zu finden ist. Diese Informationen sind wichtig, damit der Benutzer besser erkennen kann, was er in diesem Bestand finden kann. Es folgt ein Inhaltsverzeichnis. Danach folgt eine Auflistung der Akten des Bestandes: Signatur, Titel der Akte, Laufzeit. Hier kann der Benutzer entscheiden, welche Akte er später bestellen will. Schließlich gibt es bei den meisten Findbüchern einen Orts-, Personen- und Sachindex.

Findbuch der Stadt Geesthacht

Kooperation

Seit der Gründung des Stadtarchivs besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem lokalen Heimatbund und Geschichtsverein. Mit dessen Vorsitzenden Holm Lilie und seit 1998 mit Helmut Knust fanden und finden freundschaftliche und produktive Gespräche statt, die zu gemeinsamen Projekten geführt haben. Vortragsreihen, historische Radtouren sowie zahlreiche Ausstellungen und Publikationen sind als gemeinsame Projekte konzipiert und umgesetzt worden. Dank der Vereinszeitschrift „Lauenburgische Heimat“ besteht ein Forum für die Veröffentlichungen von Aufsätzen, die zu einem tieferen Verständnis für die Regionalgeschichte beigetragen haben. Seit 2007 betreut eine Arbeitsgruppe des Geschichtsvereins die Fotobestände des Stadtarchivs.

Die Mischung aus hauptamtlicher und professioneller Geschichtsarbeit durch das Geesthachter Stadtarchiv und GeesthachtMuseum sowie ehrenamtlicher Heimatforschung durch den Heimatbund und Geschichtsverein erweist sich als produktiv und zukunftsgerichtet. Kommunale Archive leben von der engen Verflechtung mit der Region. Dies erfolgt am produktivsten durch persönlichen Kontakt, durch Gespräche und gemeinsame Unternehmen. Hierfür liefert Geesthacht ein positives Beispiel.

Das Stadtarchiv und GeesthachtMuseum haben aber nicht nur regionale Themen aufgegriffen, sondern auch Fragestellungen von aktueller und globaler Bedeutung aufgeworfen. Beispiel sind eine Klimaausstellung sowie Projekte über „Lessing tut Noth!“ und „Unbequeme Denkmäler“. Wissenschaftlich beraten und unterstützt wurden Archiv, Museum und Gestalter dabei immer wieder von weltweit renommierten Forschungseinrichtungen wie dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und dem Institut für Küstenforschung des heutigen Helmholtz-Zentrums Hereon Geesthacht. Aber auch die Vernetzung vor Ort in Geesthacht wurde vorangetrieben. So ist das Stadtarchiv Geesthacht regelmäßig bei Schulprojekten, Ausstellungen, Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen beteiligt oder initiativ tätig.

Standorte

Ein erstes Archivmagazin wurde von 1983 bis 1985 in einem Kellerraum im alten Teil des Geesthachter Rathauses eingerichtet.1988 zog das Archivgut in die Räumlichkeiten des neu eingerichteten GeesthachtMuseums um. Damit wurde der engen Zusammenarbeit des Stadtarchivs und dem GeesthachtMuseum Rechnung getragen. Bei der Umgestaltung des Museums in den Jahren 1997 bis 2001 wurden die bisherigen Magazinräume als Ausstellungsräume eingerichtet. Das Archivgut wurde aus diesem Grund vorübergehend im ehemaligen Gebäude des Amtes Geesthacht-Land, einem Nachbargebäude des Rathauses, untergebracht. Mit der Aufgabe der Gaststätte „Geesthachter Ratskeller“ erhielt das Stadtarchiv ein neues Magazin im ehemaligen Lagerraum der Gastwirtschaft. Vor dem Magazin wurde ein Benutzer- und Arbeitsraum eingerichtet.

Das Stadtarchiv steht nach Maßgaben der Archivsatzung vom 14. Februar 2014 der Allgemeinheit für Forschungen zu wissenschaftlichen, heimatkundlichen und genealogischen Zwecken offen. Über die Jahre hat das Archiv eine Vielzahl an Benutzern beraten, Anfragen beantwortet und Forschungsprojekte begleitet: wissenschaftliche Arbeiten von Studentinnen und Studenten (Hausarbeiten, Magister- und Doktorarbeiten), Forschungen für Vereinsjubiläen, Anfragen der eigenen Verwaltung sowie Projekte mit Schulklassen.